"Wer nur Geld hortet, verspielt Homburgs Zukunft"
Die drei Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl in Bad Homburg sind sich in wenigen Punkten einig. Das war gut für die F.A.Z.-Diskussion am Donnerstagabend.


BAD HOMBURG. Was alle drei Bewerber für das Amt des Bad Homburger Oberbürgermeisters eint, hat Moderator Bernhard Biener, Hochtaunus-Korrespondent dieser Zeitung, bei der Podiumsdiskussion in den Räumen der Frankfurter Volksbank am Donnerstagabend binnen 30 Sekunden herausgefunden. Wer von den drei Diskutanten gegen eine Ausweitung der Kinderbetreuung sei, der solle nun doch einfach einmal die Hand heben, ermunterte der Journalist. Weder Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr (CDU) noch ihre beiden Herausforderer Karl Heinz Krug (SPD) oder der als unabhängiger Kandidat ins Rennen gehende ehemalige Stadtrat Michael Korwisi (Grüne) hoben da auch nur den kleinen Finger. Zehn Tage vor dem Urnengang am 26. April endeten mit diesem schweigsamen Bekenntnis zugunsten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aber schon fast die Gemeinsamkeiten.


Zwar waren sich alle Kandidaten einig, dass zunächst einmal am Bommersheimer Weg nichts gebaut wird und auch in Ober-Eschbach eine Bebauung der Kaltluftschneise in den nächsten Jahrzehnten für keinen der Bewerber eine Option ist. Ebenso käme die Umsetzung der einstigen CDU-Idee, das ungeliebte Kurhaus abzureißen und durch einen modernen Bau zu ersetzen, heute für keinen der Kandidaten mehr in Frage.

Schon beim Bau des neuen Louisencenters setzten die Kandidaten unterschiedliche, teilweise gegensätzliche Akzente. So hielt Korwisi vor den rund 170 Zuhörern im gefüllten Saal als Einziger an der sogenannten "großen Lösung" für das Louisencenter fest. Der Investor gehe ein hohes Risiko ein, wenn er nicht das Gerichtsurteil des Kassler Verwaltungsgerichtshofs abwarte und stattdessen schon jetzt mit der Umsetzung der sich auf das ehemalige Behördenhaus beschränkenden Version des neuen Einkaufszentrums beginne. Falls dies schiefgehe, drohe der Stadt in ihrem Zentrum vielleicht eine Baugrube, die sich zum Biotop entwickeln werde, warnte er. Zudem fehlten eindeutig Parkplätze. Statt 200 Stellplätzen würden nur 120 geschaffen. Das führe zu Problemen, prophezeite er.

Am 27. Mai werde der Richterspruch erwartet. Dann herrsche Klarheit, erwiderte Jungherr. Zusätzliche Parkplätze in Nähe der Einkaufsmeile entstünden durch eine Erweiterung der Kurhausgarage; es werde zudem neue Parkflächen am Bahnhof geben, und mit Karstadt verhandle sie über eine Parkhaus-Vergrößerung. Der für das Louisencenter gefundene Kompromiss sei als einziger umsetzbar, meinte Jungherr. Verkehrsströme und schwierige Eigentumsverhältnisse machten jede andere Lösung unmöglich.

Diese Einschätzung teilte Krug. Dennoch müsse auf der Louisenstraße endlich etwas passieren. Homburg sei gefordert, auf das neue Zeil-Einkaufszentrum in Frankfurt eine Antwort zu geben. Er beklagte eine schleichende Erosion auf der Louisenstraße. Fachgeschäfte wichen immer mehr Handy-Läden und Billig-Bäckern. Diese Entwicklung müsse durch eine intensivere Wirtschaftsförderung aufgehalten werden. Homburg müsse aus dem Reichtum mehr machen. Jungherr habe solide mit den Finanzen gewirtschaftet, aber auf Dauer riskiere man die Zukunftsfähigkeit der Stadt, wenn man das Geld immer nur auf die hohe Kante lege. Im Falle seiner Wahl wolle er über das Baurecht neue Flächen schaffen und als Moderator zwischen Einzelhändlern und Hausbesitzern wirken.

"Blauäugig", nannte Korwisi diese Vorstellung. Ein Hausbesitzer nehme als Mieter denjenigen, der am meisten zahle, und dies seien nun einmal die Ketten. Aber die untere Louisenstraße sei 30 Jahre alt und dringend renovierungsbedürftig. Der auf dem oberen Teil der Straße verlegte Granit habe sich allerdings nicht bewährt. Das lasse sich besser und zu einem Drittel der Kosten umsetzen.

"Damals waren Sie doch zuständiger Dezernent", gab Jungherr die Kritik an dem ungeliebten Straßenbelag an Korwisi zurück. Man werde nun eine bessere Lösung finden, die sich aber optisch harmonisch einfüge. Es wundere sie ohnehin, dass Korwisi sich im Wahlkampf so intensiv für den Straßenbau einsetze, wo er während seiner Zeit als Stadtrat nur 50 Prozent der bereitgestellten Finanzmittel verbaut habe. Und die Wirtschaftsförderung der vergangenen Jahre könne sich ebenso sehen lassen.

Hart gingen beide Herausforderer mit Jungherr ins Gericht, weil diese nach fünfjähriger Standortsuche für die PestalozziSchule nun ihre Meinung geändert habe. Sechs Wochen vor der Wahl mache die Oberbürgermeisterin eine Kehrtwende, beuge sich dem Votum der Bürgerinitiative am Bommersheimer Weg und schlage stattdessen das Gelände der Kerschensteiner-Schule zur Bebauung vor, kritisierte Krug. Diese "Rolle rückwärts" erschüttere Jungherrs Glaubwürdigkeit, sagte Krug. Der Schulneubau an der alten Feuerwache könnte schon stehen, wenn Jungherr seinem Vorschlag gefolgt wäre, erinnerte Korwisi. Durch falsche politische Entscheidungen gingen nun einer ganzen Schülergeneration bessere Lernbedingungen verloren.

Der Bommersheimer Weg sei immer nur in der Planung gewesen, falls sich keine bessere Alternative finde, entgegnete Jungherr. Da der Hochtaunuskreis das Areal an der Kerschensteiner-Schule nun freigegeben habe, sei diese Lösung realistischer.

Städtischen Handlungsbedarf mahnte Krug auch bei der Bereitstellung von preiswerten Wohnungen an: Hier müssten innovative Ideen, etwa Mehrgenerationenhäuser, umgesetzt werden. Korwisi und Krug verlangten zudem den Ankauf von Belegrechten im sozialen Wohnungsbau durch die Stadt: Noch vor zehn Jahren habe es 2800 preisgebundene Wohnungen gegeben, heute seien es gerade noch 1400, und in den nächsten zehn Jahren werde die Zahl auf 500 sinken, klagte Korwisi. Dagegen will Jungherr bei der Subjektförderung bleiben: Die Stadt wolle keine heruntergekommenen Wohnungen übernehmen.

Die Frage, wer sich von den drei Kombattanten als Gewinner der Oberbürgermeisterwahl sehe, beantworteten die drei einmütig. Wie die Zuhörer erfuhren, wollen Jungherr und Korwisi im ersten Wahlgang mit leichtem Vorsprung siegen. "Der Bürger weiß, was er an mir hat", glaubt Jungherr. Die Wähler wollten zwar den Wechsel, aber "ein bisschen was Bekanntes behalten", schätzt Korwisi. Allein Krug empfahl sich als einer, der "im Hickhack der Homburger Kommunalpolitik" nicht drinstecke. Er zögerte etwas mit seiner Prognose, bekannte dann aber, er werde zwar nicht im ersten Anlauf, aber bei der Stichwahl trotz SPD-Malus gewinnen.  Heike Lattka


Text: F.A.Z., 18.04.2009, Nr. 90 / Seite 57